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Out Of Sight - von
Jochen Heufelder
Das Leben in einer Schrebergartenkolonie ist geprägt von der Gestaltung
der eigenen Parzelle wie auch dem Bestreben, möglichst erfolgreich
zu pflanzen und zu ernten. Die vorgegebene Unterteilung in den Nutz-
und Zierbereich mag da Beschränkung sein, wer hier jedoch einen
Garten pachtet, weiß vorher um diese Rahmenbedingungen. Der Aufwand,
der betrieben werden muß, um einer „Scholle“ möglichst
hohe Erträge abzuringen, ist mitunter recht hoch.
Zahlreiche Kleingärtner konzipieren und bauen Hilfskonstruktionen,
die etwa bei der Anzucht von Gemüse eine wertvolle Unterstützung
darstellen. Tomatenüberdachungen, Rankgerüste für Bohnen,
Stellagen für Anzuchthäuser etc.. aber auch Zäune werden
gesetzt, und hin und wieder wird die Laube umgebaut. Handwerklich gibt
es immer was zu tun, die Kolonie ist letztlich auch geprägt von
einer gewissen Emsigkeit.
Überzählige Holzelemente, alte Gartengeräte, Zaunreste
etc., all dieses wird auf bewahrt, weil man „es noch mal gebrauchen
könnte“. Dies ist kein spezifisches Kleingärtnerphänomen,
eher eine weit verbreitete Eigenschaft all derer, die selbst Hand anlegen.
Und so entstehen Ecken, Nischen und Verschläge, in denen Restmaterial
und auf Vorrat billig Erworbenes (auch Gesammeltes) aufbewahrt wird.
In der Regel befindet sich diese Materialsammlung in der Kleingartenkolonie
hinter den Lauben, den Blicken möglicher Besucher, aber auch den
eigenen Blicken entzogen. Nur das Wissen um diesen Fundus beruhigt den
Pächter.
Christel Fetzer, eine Künstlerin, deren bevorzugtes Material Holz
in unterschiedlichsten Arten ist, greift das Phänomen des verborgenen
privaten Materiallagers auf und bringt es vorsichtig und unaufdringlich
in die – private – Öffentlichkeit. Neben der Gartenlaube
der Familie Bendermacher schichtet sie einen Holzstapel mit unterschiedlichen
Brettern und Hölzern auf, flache Holzbohlen, Dachlatten, Spanlattenresten
und vorgefertigten Zaunelementen. Die Palette reicht vom Sägewerk-
Rohprodukt bis zur Kantengesäumten Fertigware.
Und dennoch stellt sich die Frage: ist dieser Holzstapel eine rein zufällige
Sammlung oder eher ein Bausatz? Unterschiedlich farbige Klebebänder
z.B. bündeln dünne gehobelte Balken oder die flachen Staketenzaunelemente.
An der Frontseite erkennt man weitere Gruppierungen verschiedener Balken
und Platten. Am hinteren Ende kragen die Hölzer unterschiedlich
aus, vorne bilden sie eine gemeinsame Fläche, Resultat eines Ordnungsprinzips.
Auffällig auch die stark farbigen, von der Künstlerin in kräftigen
Tönen gestrichenen Holzteile. Der sorgsam geschichtete Holzstapel
ist zum Schutz gegen Regen unter dem Dachüberhang der Laube platziert.
Christel Fetzers Holzstapel wirft mehr Fragen, auf als er Antworten
bietet.
Material und vermeintliche Belanglosigkeit machen ihn nicht zum Fremdkörper
im Garten, eher zu einem normalen Bestandteil. Komposition und Konstruktion
dieser geschichteten Skulptur hingegen geben ihm etwas Artifizielles.
Seine weitere Verwendung ist offen, der Phantasie des Betrachters überlassen.
Die Platzierung zwischen Laube und Schuppen, beide ebenfalls aus Holzlatten
und –balken konstruiert, mag eine Orientierungshilfe bieten.
Jochen Heufelder, Privatgrün, Kunst im privaten Raum, Köln
2004
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